Am 1. September hat sie ihr neues Amt angetreten – und damit ein ganz besonderes Kapitel für Pleidelsheim eröffnet: Dr. Lee ist die erste Bürgermeisterin der Gemeinde. Mit großer Freude und spürbarer Demut hat sie die Nachfolge von Ralf Trettner übernommen, der die Kommune 24 Jahre lang geprägt hat. Im Interview mit Pleidelsheim Online spricht Dr. Lee über ihre ersten Tage im Rathaus, die Herausforderungen und Chancen der kommenden Jahre, ihre Vorstellungen von Bürgernähe – und über Projekte, die Pleidelsheim in die Zukunft führen sollen.
PLON: Frau Dr. Lee, Sie haben am 1. September Ihr Amt angetreten – wie haben sich die ersten Tage als Bürgermeisterin in Pleidelsheim für Sie angefühlt?
Dr. Lee: Ich bin super happy über den Start, empfinde aber gleichzeitig auch große Demut. Das Vertrauen, das mir die Bürgerinnen und Bürger entgegenbringen, weiß ich sehr zu schätzen. Die ersten Tage waren für mich ein hervorragender Beginn, den ich auch als Zeichen dafür sehe, dass ich hier offen aufgenommen werde. Das hat für mich eine sehr große Bedeutung.
PLON: Am 18. September folgte Ihre offizielle Ernennung – was bedeutete dieser feierliche Moment für Sie ganz persönlich?
Dr. Lee: Ich war natürlich aufgeregt und an meiner Rede habe ich bis kurz zuvor noch gearbeitet, dennoch verspürte eine große Freude auf diesen besonderen Tag. Für mich ist die Veranstaltung vor allem ein Zeichen der Wertschätzung durch die Gäste gewesen. Es bedeutet mir sehr viel, dass so viele Bürgerinnen und Bürger an diesem Abend da waren.
PLON: Die Tage vor Ihrem Amtsantritt waren sicher sehr aufregend – wie haben Sie diese besondere Zeit erlebt?
Dr. Lee: Die Tage vor meinem Amtsantritt waren tatsächlich sehr aufregend und nicht minder anstrengend. Ich habe noch bei meiner alten Stelle gearbeitet, meinen Nachfolger dort eingearbeitet und wollte unbedingt einen bestmöglichen, sauberen Schnitt machen. Gleichzeitig begann hier schon meine Einarbeitung. Zwei Dinge parallel zu stemmen ist nicht leicht, aber Herr Trettner hat eine wirklich tolle Übergabe gemacht. Schwer ist es immer nur, wenn man anfangs erst einmal nur zuschauen und noch nichts selbst machen kann. lacht Am letzten Tag vor dem Start war ich dann nochmal sehr aufgeregt. Ich habe mir einige Gedanken gemacht: Wie beginne ich? Wem sage ich zuerst Hallo oder sage ich in einer großen Runde allen gleichzeitig Hallo?
PLON: Haben Sie schon realisiert, dass Sie jetzt die Bürgermeisterin von Pleidelsheim sind, oder fühlt sich das manchmal noch ein wenig unwirklich an?
Dr. Lee: Ja, das habe ich tatsächlich direkt realisiert. Der Abschied von meiner bisherigen Stelle war natürlich ein Schritt, aber ich habe mich sehr auf die neue Aufgabe gefreut. Besonders schön war, dass einige meiner ehemaligen Kolleginnen und Kollegen und viele Mitarbeitende bei meiner Ernennung dabei waren – das war für mich ein sehr wertvolles Zeichen.
PLON: Ihr Terminkalender ist sicher schon jetzt sehr voll – sind Sie im neuen Alltag als Bürgermeisterin bereits angekommen?
Dr. Lee: In der ersten Woche ging es noch, da dachte ich mir: Ach, das ist ja terminlich machbar. lacht Aber ab der zweiten Woche war der Terminkalender dann wirklich voll. Und das meine ich keineswegs negativ – im Gegenteil: Es macht mir unheimlich großen Spaß. Es ist ein tolles Gefühl und bereitet mir wirklich Freude, so aktiv im neuen Alltag anzukommen.
PLON: Haben Sie sich persönliche Ziele für die ersten 100 Tage im Amt gesetzt, die Sie unbedingt umsetzen möchten?
Dr. Lee: Meine persönlichen Ziele für die ersten 100 Tage knüpfen überwiegend an die Themen an, die ich bereits im Wahlkampf angesprochen habe: die Neue Mitte, den Glasfaserausbau und das Anstoßen der Neckarwärme. Gerade zur Neuen Mitte sind schon erste Netzwerke entstanden und Gespräche geführt worden. Natürlich wird es Zeit brauchen, je nachdem welche Veränderungen dabei noch anstehen. Auf meiner Agenda steht außerdem auch der Wunsch nach einem Hofladen. Vorrangig ist mir jedoch letztlich auch immer, dass ich zuerst die Versprechen anpacke, mit denen ich im Wahlkampf geworben habe.
PLON: Gibt es ein persönliches Herzensprojekt, das Sie in Ihrer Amtszeit unbedingt für Pleidelsheim umsetzen möchten?
Dr. Lee: Im Moment ist für mich die Neue Mitte ein echtes Herzensprojekt, genauso wie der soziale Wohnungsbau. Ganz persönlich liegt mir aber auch der Breitbandausbau am Herzen, weil er für die Zukunft entscheidend sein wird. Gleichzeitig muss ich offen sagen: Wir sind in Pleidelsheim nicht schlecht ausgestattet. Eigentlich ist alles da, was man benötigt – und genau diesen guten Standard möchte ich auch bewahren.
PLON: Pleidelsheim ist bekannt für seine lebendige Vereinswelt und den starken Zusammenhalt im Ort – wie wollen Sie die Bürgerinnen und Bürger in Ihre Arbeit einbinden?
Dr. Lee: Mein Anspruch und auch mein Wunsch ist es, ein verlässlicher Partner für die Bürgerinnen und Bürger sowie für die Vereine zu sein. Mir ist wichtig, Sorgen und Nöte ernst zu nehmen und gut zuzuhören. Gleichzeitig möchte ich auch weiterhin Fördermittel nutzen, um die Vereine bestmöglich zu unterstützen. Das sollte auch künftig gelingen – gerade bei langfristigen Projekten oder in besonderen Situationen wie dem Brand am Hüttle hat man gesehen, wie wichtig Unterstützung ist. Daran darf sich aus meiner Sicht nichts ändern.
PLON: Der Spagat zwischen Tradition und Zukunft ist für Gemeinden oft herausfordernd. Wie möchten Sie Pleidelsheim modern aufstellen, ohne Bewährtes zu verlieren?
Dr. Lee: Für mich geht es darum, mit Sinn und Verstand vorzugehen. Vor allem möchte ich zuhören – nur so kann ich erfahren, ob Maßnahmen bei den Bürgerinnen und Bürgern auch wirklich ankommen. Ich brauche dieses Feedback, und das funktioniert nur im direkten Austausch. Viele Prozesse sind aufwendig, und es ist nicht immer leicht, die richtige Balance zu finden. Klar ist aber: Einige Servicedienstleistungen müssen wir auch digital anbieten können. Gleichzeitig halte ich den persönlichen Kontakt für unverzichtbar – nicht nur, weil er schön ist und Nähe schafft, sondern auch, weil er Arbeitsplätze erhält. Digitalisierung soll dort eingesetzt werden, wo sie uns wirklich weiterbringt und die Arbeit erleichtert. Wichtig ist, dass sie mit Bedacht umgesetzt wird und für alle Bürgerinnen und Bürger tragbar bleibt.
PLON: Bürgernähe ist für viele ein zentrales Thema. Wie wollen Sie sicherstellen, dass die Pleidelsheimerinnen und Pleidelsheimer Sie als nahbare Bürgermeisterin erleben?
Dr. Lee: Ich wohne hier in Pleidelsheim und möchte auch vor Ort jederzeit ansprechbar sein. Schon jetzt merke ich, dass ich bei manchen Wegen durch den Ort etwas länger brauche, weil ich stehenbleibe und ins Gespräch komme – aber genau das gehört für mich einfach dazu. Ich möchte präsent sein, und die Bürgerinnen und Bürger sollen wissen, dass es vollkommen in Ordnung ist, mich direkt anzusprechen. Außerdem möchte ich die Einwohnerfragen in den Gemeinderatssitzungen unbedingt beibehalten, und wir denken bereits über weitere Konzepte nach, wie wir den Austausch noch besser gestalten können.
PLON: Sie sind die erste Frau im Bürgermeisteramt von Pleidelsheim. Sehen Sie sich auch als Vorbild für Frauen in Führungspositionen?
Dr. Lee: Für mich persönlich ist es kein Thema, ob jemand eine Frau oder ein Mann ist. Ich bin sehr dankbar für meine eigene Erziehung, denn ich habe von klein auf gelernt, dass man viel erreichen, wenn man fleißig ist – unabhängig vom Geschlecht. Für mich sollte allein die Kompetenz zählen, nicht, ob man Frau oder Mann ist. Eigentlich sollte das heute gar nicht mehr relevant sein. Aber wenn man in den Kreis schaut, sieht man sofort, wie wenige Bürgermeisterinnen es gibt. Wenn ich deshalb eine Vorbildfunktion übernehme – gerade für jüngere Menschen und vielleicht auch speziell für junge Frauen –, dann mache ich das sehr gerne und empfinde dabei auch Stolz.
PLON: Das Bürgermeisteramt ist sehr fordernd. Wie schaffen Sie für sich persönlich Ausgleich und Momente der Ruhe?
Dr. Lee: Meine Familie und meine Freunde sind für mich hier einfach Gold wert. Außerdem achte ich inzwischen viel bewusster darauf, meine Freizeitaktivitäten wirklich zu genießen. Ich nehme mir die Momente ganz bewusst, und aktuell gelingt mir das auch richtig gut.
PLON: Wenn wir in acht Jahren auf Ihre erste Amtszeit zurückblicken – woran möchten Sie gemessen werden?
Dr. Lee: Ich möchte daran gemessen werden, dass ich verlässlich war und dass meine Entscheidungen und Taten langfristig Wirkung entfaltet haben. Mir ist wichtig, dass ich auf meinem Weg für Pleidelsheim die richtigen Weichen für die Zukunft gestellt habe – so, dass die Gemeinde das bekommen hat, was sie gebraucht hat, und ihr Weg nachhaltig gesichert ist.
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